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Das Friedensblog sammelt Friedenstexte interessierter, engagierter moderner Autoren.

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Die Friedensautoren mit Texten

27. Dezember 2008 6 27 /12 /Dezember /2008 09:39

10 vor

Er sagt: „Ich muss noch mal weg. Ich nehme Emily mit."

Anne nickt. „Bleibt aber nicht zu lange fort." Sie rührt im Topf. „Das Essen ist bald fertig."

„Ja, es wird nicht lange dauern", erwidert er. „Ich hoffe, dass es schnell geht."


9 vor

Er geht den Flur hinunter. Nach hinten zum Zimmer der beiden Großen. Ben und Christina sehen kaum von ihrem Spiel auf. Er beobachtet sie für ein paar Augenblicke.


8 vor

Er bleibt in der offenen Küchentür stehen. „Anne", sagt er leise.

„Was ist?" Sie dreht sich zu ihm. Ihre Wangen sind gerötet.

„Ich liebe dich."

Sie blickt erstaunt. „Ist alles in Ordnung?"

Er nickt. „Ja, alles in Ordnung."


7 vor

Er trägt das Kind auf seinem Arm die Straße hinunter. Der Himmel ist klar, kein Luftzug geht. Emily krallt sich fröhlich plappernd an seine Schulter. Er streicht ihr sacht über das Haar.


6 vor

Er dreht sich zur Seite und beugt sich nach unten. Den Kanister findet er auf Anhieb. Es war ein gutes Versteck. Die Flüssigkeit im Inneren gluckst gegen die milchigen Außenwände. Beinahe könnte es Wasser sein.


5 vor

Er geht weiter die Straße hinunter. Am Ende muss er nach rechts abbiegen. Kinder spielen auf den Wegen und im Park. Männer und Frauen hasten an ihm vorbei, auf dem Weg zur Arbeit, zum einkaufen, zum Frisör.

Ein Auto überholt ihn.


4 vor

Er erreicht den Platz vor dem Gebäude. Auch hier sind etliche Menschen unterwegs. Keiner achtet auf ihn und das Kind.


3 vor

Er bleibt stehen. Schließt die Augen und drückt das kleine Mädchen fest an sich. Sie riecht nach Brot und Milch.

Sein Atem beruhigt sich.


2 vor

Er setzt Emily vor sich auf den Boden nieder und spricht leise mit ihr. Als er sich aufrichtet und von ihr zurücktritt, bleibt sie sitzen, als hätte sie ihn verstanden.


1 vor

Er schraubt den Verschluss des Kanisters auf. Das Kerosin durchweicht ihn von oben wie ein Regenschauer. Die Leute sind stehen geblieben. Beinahe wirken sie wie erstarrt.

Die Sonne lässt das Metall des Feuerzünders in seiner Hand aufblitzen, als er den Deckel zurückschiebt.


- -

 


Der Krieg ging weiter

Die Welt aber

stand für einen Moment still


Norman Morrison (29.12.1933 -- 02.11.1965)

zum Gedächtnis

Ich schlage diesen Text vor als Friedenstext des Monats.

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Kommentare

S
Ich weiß nicht, wie still die Welt damals stand; ich weiß auch nicht, ob man so lapidar sagen kann, der Krieg ging weiter, denn die Fülle verschiedenster Proteste und Widerstände bewirkte letztlich ja doch, dass DIESER Krieg damals endete, ... ich weiß aber, dass ich beim Lesen dieses Textes den Atem anhielt.<br /> Wie groß ist die Verantwortung des Einzelnen? Wohinter kann man sich verstecken?<br /> Es kann sich ja nicht die eine Hälfte der Menschheit verbrennen, damit die andere vielleicht zur Vernunft kommt.<br /> Stilistisch beeindruckend vor allem, dass der Text keinen Märtyrer hochleben lässt, sondern dem Leser das Urteil überlassen bleibt.<br /> Vielleicht gibt es auch kein schlüssiges Urteil? Weil sich die Frage jedem Menschen in jeder konkreten Situation anders stellt: Was konntest du tun und was hast du getan, damit es ... <br /> Ich lasse bewusst die drei Punkte, denn sollte (aus welchem Grund auch immer, als Kriegsfolge oder eine andere Umweltzerstörung) einmal alles zerstört sein, dann ist auch kein Leben mehr da, sich nach der Verantwortung für diese Welt zu befragen...<br /> Dank an die Autorin<br /> Slov
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